A thing of beauty is a joy forever.

 

 

 

 

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Meine Langlaufkultur

Entwicklungsgeschichtlich war der Mensch in Urzeiten womöglich vor allem Läufer, die Kurzstrecke eine Art Flucht vor Gefahr, flauen Mägen brachten Langläufern im Überlebensfall Abhilfe. In unserer Zivilisation bleiben beide Disziplinen über Schulsport kultiviert, werden also weiter geübt und das ist gut so. Was bleibt danach, Hochleistungssport für wenige im adäquaten Alter, Ausdauersport für manche Amateure, sogar ein Leben lang oder der Rückfall in die Unsportlichkeit vieler nach der Schulzeit.

Mit diesem Rückblick bin ich für meinen Teil Langäufer mit Bärenfellmentalität geworden. Ich meine, die Altvorderen liefen nach Beute, ruhten sich etwa acht Tage aus und genau mit diesem Rhythmus laufe ich seit mehr als 50 Jahren. Übrigens, die Hälfte dieser Zeit auf der ganzen Welt, wo meine beruflich bedingten Reisen es gerade so mit sich brachten, Golf- oder Tennisschläger mochte ich nicht im Reisegepäck haben, abgesehen von der Frage nach Spielplätzen oder Partnern, die bei zu geringer Zeit schwerlich zu finden waren und mir ohnehin zu wenig Spielraum ließ. Das Argument, man könnne über kürzere Frequenzen Kondition aufbauen war und ist für mich nicht relevant. Ich messe meine Läufe nicht über Leistung oder mich nicht mit anderen, laufe gerne alleine, trabe eher wie ein Ackerpferd, jedoch nicht mit Hacken- sondern Ballenantritt, was sich über die vielen Jahre einfach so herausgebildet hat. Also bin ich doch ein Stück weit eine Mischung zwischen Acker- und Rennpferd, zumindest den Antritt nach.

Zum Beute machen bedeutete zeitiges Aufbrechen, bei Sonnenaufgang unterwegs zu sein eine Steigerung des Jagd- Glücks. Meine Regel- Startzeit basiert mit diesem unbedeutend heiteren und anderen ernsteren Argumenten auf diese Idee. Mein Wecker steht einmal in der Woche auf 04.30 Uhr, meist sonntags. Meine Familie war und ist durch diesen etwas egoistischen, individuellen Sport im Tagesablauf daher nicht beeinträchtigt, die Muskeln sind optimal durchwärmt - ein Achilles- Sehnenriss stellte sich jedenfalls seitdem nicht wieder ein - . Auf Geschäftsreisen, auch mit Kollegen, war vor meinem jetzigen Rentenalter diese Tageszeit unauffällig, am leichtesten machbar - man durfte sich nur nicht verlaufen, wie ich später noch berichten werde - . Schurken und gnadenlose Gauner findet man um diese Tageszeit erfahrungsgemäß nicht mehr auf den Straßen, eine Erwägung die ich einst in Bogota, Kolumbien hatte, bekanntlich gelegen auf etwa 3000 m Höhe. Um diese Zeit kam es vor, dass Hotelgäste ausgeraubt und halb nackt in ihr Hotel zurück geschickt wurden. Die frühen Morgenstunden sind auf der ganzen Welt, - das Erwachen von Stadt und Land - , ein unvergleichliches Erlebnis für Auge, Ohr und Nase. Übrigens, um diese Tageszeit findet man auf dem gesamten amerikanischen Kontinet, von Nord nach Süd, von Ost nach West so gut wie niemanden auf der Strasse, nur bellende, oft für einen Läufer nicht ungefährliche Hunde in Vorgärten - soweit Grundstückee überhaupt eingezäunt sind - und natürlich Autofahrer. Ganz anders erwacht die Welt um diese Tageszeit in asiatischen Ländern, aber dazu später.

Ja, nach längeren Anreisen in die heutige globale Geschäfts- Welt sind nicht nur Höhenunterschiede in den ersten Tagen nach der Ankunft zu verkraften sondern ebenso Temperatur- und tageszeitliche Unterschiede, jahreszeitliche Unterschiede, sowie Unterschiede in der Nahrungsaufnahme über Qualität, Zubereitung, Geschmack und Tageszeit.
Von Vencuela zurück nach Europa hatte ich einen Herrn aus Italien als Fluggast neben mir. Der Genannte verkraftete über seinen kurzen Aufenthalt die Tag- Nachtverschiebung überhaupt nicht. Er hatte seine Uhr nicht umgestellt und aß weiterhin zu seinen gewohnten Zeiten. Er war am Ende seiner Kräfte, da er über diese Zeit kaum in den Schlafen finden konnte. Ein Stück weit geht es also um die Frage, zwingt der Kopf den Körper in die Umstellung oder entscheidet der Bauch die Umstellung. Laufen half mir jedenfalls sehr, schneller in einen neuen Tageszeitrhythmus zu finden. Die Koordinierung von, Muskeln, Bauch und Kopf oder umgekehrt gelingt nach meiner Erfahrung problemloser.

Santa Catharina, Brasilien, eine vorwiegend von Deutschen besiedelte Landschaft bot mir erfrischende Laufstrecken. Die Stadt Blumenau, nach Dr. Hermann Blumenau - einen Brieffreund des Alexander von Humboldt - benannt, liebt immer noch deutschsprachige Namen. Wir wohnten in diesen Tagen im Hotel Himmelblau. Der Werksleiter unserer befreundeten Firma dort, lud uns zum Lunch ein, gerne in das Restaurant Edelweis, es bot einen vorzüglichen Blick über die ganze Stadt. Unser Gastgeber, US- Amerikaner, fragte mich während einer Unterhaltung, also den einzigen Deutschen am Tisch: Tell me one thing! What are Buam? Wenn jährlich, zur Oktoberfestzeit, Bayrische Kapellen aufspielten, fand er diese "Buam" naheliegenderweise auf den Kapellen- Labels.

Salvador, eine Stadt mit vorwiegend schwarzer und gemischter Bevölkerung, heiß und schwül, aber mit pulsierendem Leben spürbar beschwingt, sie reißt einen mit. Die Stadt ist aber, wohl wissend, keineswegs reich. Diese Beschwingtheit übertrug sich auch auf meine Lust, zu laufen und dabei ieder in den frühen Morgenstunden den Fischmarkt zu durchstreifen, nach der bereits erwähnten Einstellung, die Sinne offen zu halten, zu schärfen. Die lebenslustigen Marktweiber schoben sich am Morgen ganz selbstverständlich gerade geschnittene Zwiebelringe auf die Unterarme und schienen glücklich damit, als wollten sie böse Geister mit diesen "Amultes" fern halten oder sich einfach schmücken.

Als Perle des Atlatik gilt die Insel Santo Amaro, der Stadt São Paul etwa 70 km vorgelagert.. Der berühmte Kurort, Estância Balneária, in der Nähe von Guarujá do Sul war für mehrere Wochenenden meine Anlaufstelle. Unvergessen blieben zwei Erinnerungen, ein bis dahin nicht gehabter Sonnenbrand, entstanden über Baden und Laufen, das ungezwungene Gespräch nach sonntäglichem Kirchgang zwischen meinen Freunden und Industriellen im Sinne wohlverstandener Lobbypflege.

Freunden und Industriellen im Sinne wohlverstandener Lobbypflege.
In meinem Schlafzimmer steht seit jener Zeit ein Kerzenstummel- Farbe, violett - den ich aus dem Atlantik gefischt habe, ein bescheidenes Andenken aus jener Zeit.

In Chile traf ich auf Industrielle, die über das Allende Regime Ihre Fabriken verloren hatten. Es waren Unternehmen mit mehr als 3000 Beschäftigten. Ihren Lebensunterhalt bestritten Sie über gelegentliche Garagenverkäufe ihrer Habe. Soweit vom Alter her noch möglich wurde Vertretungen für ausländische Firmen übernommen. So kam unser Kontakt zustande. Unser Besuch galt der größten Kupfermine des Landes in der Atacama Wüste. Unser Standort war in diesen Tagen San Pedro de Atacama. Für Läufer in den Morgenstunden eine grandiose Gegend. Diese Salzwüste ist über weite Strecken einfach flach.
Die Kupfererze werden im offenen Tagebau abgebaut. Es entstehen unvorstellbare Abbaukrater. Gleichsam auf die Spitze gestellte Kegel wachsen in die Tiefe. Wir sahen in 500 m tiefe Abgründe, während die erzbeladenen und im Gegentakt leeren Amphibienfahrzeuge in Serpentinen Tag und Nach herauf- und herunter kreisen.
Das Erz wird danach gebrochen und sogleich über Mühlen zerkleinert.
Meine - Schi- Läuferfreude ist bis auf den heutigen Tag gesteigert über ein Paar Lamawoll- Socken aus jenem Land.